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Mit Phelonas Teppich, einem Seil und den Kletterkünsten meiner Gefährten gelang uns tatsächlich die Flucht aus den Händen der Blutelfen. Nur haben die Pferde und ihre Reiter nun, da wir am Saum des Blutwaldes sitzen, etwa ein bis zwei Tage Vorsprung. Wie wir sie einholen sollen, weis ich leider auch nicht. Es wird Zeit den Zirkel erneut zu kontaktieren, um unsere weitere Vorgehensweise zu besprechen.
Diese Unterbrechung wird Tok´uk gar nicht gefallen, er will möglichst schnell Igor verfolgen, um das Geschöpf aus den Klauen des Reiters zu befreien.
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Wir haben die Verfolgung aufgegeben und sind auf dem Weg nach Kratas. In Menkos Haus wartet angeblich eine besondere Verstärkung auf uns, die uns helfen soll die Pferde zurückzuholen. Es war ein hartes Stück Arbeit Tok´uk zu überzeugen, mit uns zukommen und nicht weiter hinter den Entführern herzujagen. Aber gemeinsam konnten wir ihn überzeugen, wir haben ja noch Ni´irus Karte mit der wir zumindest wissen wo sich Oathstone und Igor gerade aufhalten.
Die einzige die wirklich froh über unser neues Ziel ist, ist Gabi. Sie freut sich auf zu Hause und auf ihren Vater. Ich dagegen werde das Gefühl nicht los, dass unser Aufenthalt in Kratas weniger erholsam wird, als wir das gerne hätten.
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Die Ankunft in Menkos Behausung hielt einige Überraschungen bereit, besonders für Gen´tok. Orma war schon da und scheint die Haushaltsführung übernommen zu haben.
Unser neuer Verbündeter dagegen war nirgends zu sehen und Menko erging sich bisher nur in vagen Andeutungen, über ein mächtiges Ritual, welches in einigen Tagen anstände. Deshalb treffen scheinbar auch immer mehr Mitglieder und Helfer des Zirkels ein. Nunja das hat auch seine guten Seiten, endlich habe ich wieder einmal eine Gelegenheit meine Gedanken und Forschungsergebnisse einem etwas größeren Kreis von Fachleuten vorzutragen. Ich hoffe auf einige erbauliche Diskussionen, die mich vielleicht ein bisschen von unseren akuten Problemen ablenken können und mich vielleicht auch ein bisschen voranbringen. Außerdem bleibt vielleicht auch noch einige Zeit für Gabi, sie will mir später ihr Zimmer zeigen und ich hoffe wir haben Gelegenheit einige Zeit in Ruhe zu verbringen.
Ni´iru, Tok´uk, Gen´tok und Orma scheinen ebenfalls gut beschäftigt zu sein – mit der Ehekrise der beiden Orks. Während Ni´iru und Gen´tok versuchen die Risse zu kitten, gießt Tok´uk ständig neues Öl ins Feuer. Seltsam, ich sage es noch mal ich bin wirklich froh ein Mensch zu sein.
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Das Haus ist mittlerweile voll gestopft mit Adepten des Zirkels, alle Zimmer sind mehrfach belegt und überall stolpert man über Waffen und Ausrüstung. Morgen in aller frühe soll endlich das Ritual begingen. Menko hat mir immer noch nicht eindeutig gesagt worum es geht. Aber ich vermute, wir werden einen leichtsinnigen Adepten der Diebeskunst aus einer der Netherwelten befreien, in die er sich scheinbar „verlaufen“ hat. Angeblich handelt es sich um den größten Dieb den Barsaive je gesehen hat, einen der sich nicht scheut Dämonen, Drachen oder Passionen zu bestehlen. Ich muss sagen, ich bin wirklich gespannt auf dieses Individuum.
Heute Nachmittag entdeckte ich durch Zufall in Gabis ehemaligem Zimmer, einen geheimen Schrank. Ich hätte etwas Wichtiges hinter der verborgenen Tür erwartet. Allerdings hätten mich Dämonen nicht wesentlich mehr schockiert als der tatsächliche Inhalt – hunderte von Schundromanen über strahlende orkische Helden und ihre Beziehungen zu Frauen – widerliche Machwerke.
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Das Ritual war eine Katastrophe – man hätte es beinahe erwarten können, bei unseren bisherigen Erfahrungen mit dem Zirkel. Wir haben den Dieb zwar in unsere Welt geholt, dafür fehlt nun Phelona. Obwohl ich im ersten Moment dachte, irgendwas sei grundlegend schief gelaufen, als nur ein riesige Sonnenhut durch das Portal kam. Bei genauerem Hinsehen bemerkte ich allerdings, dass es sich um einen Windling handelte, der einen Hut so groß wie er selbst auf dem Kopf hatte – ein Wesen namens Kurt. Seltsame Geschichte die er uns erzählte, nachdem er sich – notgedrungen – bereiterklärt hatte zu kooperieren. Eine Menge Geld und noch mehr Drohungen waren nötig, den Windling dazu zu bewegen. Ich fürchte der Tausch Phelona gegen Kurt ändert wenig, außer, dass dieser Kurt eine Spur bösartiger, dafür aber ein bisschen berechenbarer ist als unsere Elfe.
Wir werden morgen mit Kurt – über den wir zu meinem Leidwesen, kaum etwas wissen – aufbrechen, die Pferde zu holen. Der Zirkel hat uns „versprochen“ in der Zwischenzeit einen Weg zu suchen Phelona zurückzuholen. Ich hoffe für diese Dilettanten, dass sie es schaffen!
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Sind auf dem Weg in Richtung Süden, der Karte nach bewegen sich die Pferde in Richtung Vivane. Eine lange Reise mit ungewissem Ende steht uns bevor.
Zumindest habe ich am gestrigen Abend noch ein bisschen über unseren neuen Begleiter herausgefunden. Ein wichtiger Teil des Handels mit dem Zirkel besteht darin, dass Kurt den Aufenthaltsort eines gewissen Doriath erfahren möchte. Scheinbar ein alter Freund und der Magier, der unseren neuen Windling in der Netherwelt stranden ließ. Ansonsten war dieser Kurt wohl vor vielen Jahren Teil einer recht erfolgreichen Heldengruppe namens „Das Tor zur Ewigkeit“, mit der er viele Dämonen getötet und offensichtlich große Reichtümer angehäuft hat.
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Der Ausspruch Menkos, Kurt würde nicht davor zurückschrecken die Passionen zu bestehlen und zu betrügen, scheint nicht nur so dahin gesagt gewesen zu sein. Ich frage mich, was mir mein Schwiegervater in spe nun wieder vorenthalten hat. Auf jeden Fall wurden nun drei Nächte in Folge von Harbingern, die im Auftrag der Passionen – zumindest ihrer astralen Struktur und den Zeichen auf ihren Rüstungen nach – handelten. Und diese versuchten mit deutlicher Zielstrebigkeit jedes Mal Kurt zu töten, von uns anderen nahmen diese Wesen keinerlei Notiz. Ich frage mich gerade, ob besagter Doriath vielleicht gar nicht so unabsichtlich seinen Freund Kurt in der Netherwelt stranden ließ – immerhin war er dort sicher vor dem Zorn der Passionen.
Wie auch immer, das Schicksal nimmt seltsame Wege, wir trafen auf eine alte Frau, die uns bat ihren Sohn zu suchen. Dieser wäre mit einem gewissen Doriath (!) losgezogen, um irgendeine Aufgabe zu erledigen. Dank Ni´irus Karte gelang es uns den jungen Menschen zu lokalisieren, in der Nähe von Runvirs Grab in den Zwielichtgipfeln – mein Gefühl sagt mir dabei, dass es nicht in der Nähe, sondern genau der Ort unseres großen Kampfes im Auftrag der Passion ist.
Selbst wenn Kurt nicht darauf bestehen würde, läge das Grab trotzdem auf unserem Weg. Also werden wir den verlorenen Sohn suchen, Doriath treffen und vielleicht auch erfahren, durch welches Verbrechen Kurt den Zorn von gleich drei Passionen auf sich gezogen hat.
Ich freue mich jedenfalls auf die Begegnung mit diesem Magier, wer weiß was ich von ihm lernen könnte – immerhin ist es ihm gelungen Kurt zu transferieren und eine Rückkehr fast unmöglich zu machen. Der Zirkel brauchte seine ganze Kraft um das Portal wieder zu öffnen, das Doriath allein verschlossen hatte.