120
Diese idiotischen Ermittlungen, diese idiotischen Orks und diese verbohrten Zwerge – zum ersten Mal kann ich Tok´uks Wunsch nach dem einfachen Leben im Wald ein bisschen verstehen. Und zu allem Überfluss reise ich mit dem dümmsten und unfähigsten aller Orks, keine fünf Minuten hat niemand auf ihn aufgepasst und was macht unser Schwertmeister, er verspricht einem wütenden Mob einen Schuldigen zu finden und zwar innerhalb von 24 Stunden. Immerhin sein einziger Beitrag zu unseren Bemühungen in Oshane bisher, da darf man gespannt sein, was sein nächster Schritt sein wird – vielleicht sollte er über eine Bewerbung bei den Royal Guards nachdenken.
Naja wir haben also bis heute Abend Zeit, bevor wir entweder einen mehr oder weniger Unschuldigen opfern oder selbst gelyncht werden. Immerhin wurden wir mitten in der Nacht von einem erneuten Brand geweckt, was uns ein paar zusätzliche Stunden einen Täter zu finden bescherte. Im Gegensatz zu meinen Gefährten schien es mir allerdings wenig sinnvoll sofort zum Tatort zu rennen, was sollte ich da schon tun, ein Feuer begaffen?
Im Nachhinein war ich damit vielleicht etwas kurzsichtig, aber auch das hat sein Gutes. Nachdem Tok´uk und Ni´iru vier Kinder aus den Flammen retten konnten wurden die frischgebackenen „Helden“ von einer großen orkischen Menge zur nächsten Taverne getragen. Einerseits waren so die Strassen etwas leerer und andererseits achtete niemand mehr auf mich und ich konnte mich in Ruhe in der Stadt bewegen.
Ich streifte also ein mehr oder weniger ziellos durch die leeren, dunklen Strassen des fünften Sextanten der Stadt, bis ich mich – mehr oder weniger zufällig – im Zentrum, vor dem Palast des Kanzlers und seines, mir etwas rätselhaften, Verwalter, Gerüchten zufolge Angehöriger meiner Disziplin, wieder fand. Nach einigen Minuten war ich mir, dass im Palast nur zwei Namensgeber, einer davon tatsächlich Nethermancer, und ein Hund am leben waren, alle drei scheinbar im Schlaf – enttäuschend. Ein kleines Gespräch mit einer der Wachen am Eingang zum Gebäude brachte mich auch nicht wirklich weiter. Die Palastwache ist ähnlich kurzsichtig und verbohrte wie alle andern Polizisten dieser Stadt auch, der Kanzler und sein Verwalter scheinen beide nicht viel Zeit in der Öffentlichkeit zu verbringen, stattdessen trinken sie wohl etwas zuviel. Nunja zumindest erfuhr ich von der Wache, dass es in Oshane eine kleine Bücherei gibt. In der Hoffnung dort etwas über diesen seltsamen Schriftzug, besser diesen seltsamen Namen, zu finden, machte ich mich sogleich auf den Weg.
Leider war die Bibliothek genau die Enttäuschung die ich von dieser Stadt und ihren Bewohnern erwartet hatte. Insgesamt vielleicht zweihundert Bücher, der größte Teil davon völlig nutzlose Trivialliteratur und der Rest Kochbücher, in einem heruntergekommen Haus in einem völlig verwahrlosten Teil der Stadt – aber gut was erwartet man, wahrscheinlich können sowieso nur die wenigsten Einwohner des fünften Sextanten lesen, vom Schreiben gar nicht zu reden.
Immerhin erzählte mir ein anderer „Kunde“ der Bücherei von einer Bardin, welche angeblich alles über die Stadt und ihre Geschichte wisse und die zufällig nur einige Häuser weiter am großen Markt lebe – was ein Zufall und ich geh auch noch auf den Schwachsinn ein, allein meine Erfahrungen mit Bardinnen hätte mich eines Besseren belehren sollen. Ich war gerade noch misstrauisch genug, um Ni´iru zu bitten mich zu begleiten. Eine gute Entscheidung, das Treffen mit der Bardin artete zu einem kleinen Handgemenge aus, in dessen Verlauf ich zwar einige gebrochenen Rippen, aber keine neuen Information bekam – es seiden der Spott meiner Gefährten zählt als neu. Seltsame ich frage mich was mit mir los ist, sollte meine mangelnden Vorsicht, oder besser mein zu großes Vertrauen in andere Namensgeber, ein Zeichen für den Einfluss einer bestimmten Person sein? Ich muss mehr auf mich und meinen emotionalen Zustand achten. Es kann jawohl nicht wahr sein, dass ich, nur weil sie mich einmal anlächelt und wir ab und zu Blicke tauschen schon so sehr beeinflusst werde. Unabhängig davon, dass ich ihre Anwesenheit manchmal genießen kann, weiß ich nicht wirklich wie ich mit ihr und meinen Gedanken und Gefühlen umgehen soll. Leider muss ich zugeben, es ist deutlich einfacher mit großen Gefahren, Dämonen und Geister umzugehen, als mit einer schönen Frau.
So es wird, denke ich, Zeit für eine kleinen Ausflug, wir müssen endlich vorankommen, es ist schon Mittag und am Abend müssen wir, ob wir wollen oder nicht, unsere Ergebnisse auf der Volksversammlung präsentieren.
121
Ich schreibe dies im Bewusstsein versagt zu haben, wir mussten Oshane relativ schnell, mitten in der Nacht verlassen. Wir haben zwar mittlerweile alle Zusammenhänge, um die Brände, den Täter und die Hintergründe verstanden, nur leider können wir damit nun nicht mehr viel anfangen.
Mein kleiner Ausflug am Nachmittag brachte wenig neues, nur wusste ich anschließend mit Sicherheit, dass wir den Täter in den Steinbrüchen am Rand der Stadt finden würden, nichts leichter als das, die Steinbrüche erstrecken sich über mehrer Kilometer und dort arbeiten einige Tausend Namensgeber. Entsprechend produktiv gestallte sich unser Besuch dort.
Glücklicherweise haben wir ja eine neue Begleitung gefunden, den Obsidianer Telis, ein interessantes Wesen. Ihm gelang es zusammen mit Phelona in den Ruinen des letzten Brandes mehrer Schnapsflaschen zu bergen, die deutlich mit dem Brandherd korrespondierten und die sich eindeutig zur Taverne „Zum gelben Auge“ zurückverfolgen ließen. Unser Besuch in dieser zwielichtigen Spelunke brachte uns zu der Überzeugung, dass die beste Spur, die uns noch blieb, die Tochter des Orks, der für den Inhalt des Kellers verantwortlich ist, ist. Wir machten uns also mit Hilfe von Ni´irus magischer Karte und dem Haar, das wir an der Hundeklappe der Apotheke gefunden hatten auf die Suche nach dem Mädchen. Die Suche gestallte sich recht einfach, wir fanden das gesuchte Kind, von etwa 14 Jahren, wie erwartet, an den Steinbrüchen. Wir wussten zwar nicht, wie das Kind aussieht oder wie wir es erkennen sollten, was sich allerdings nicht als allzu großes Problem herausstellte. Ein kurzer Blick in den Astralraum genügte, um Gabi in die Flucht zu schlagen und das Kind zu finden. Selten habe ich einen stärken dämonischen Einfluss bei einem lebenden Namensgeber gesehen, die Struktur des Kindes war eine Ruine, von der eine direkte Verbindung nach oben, auf die verschlossenen Abzugsschächte zu, zu bestehen schien.
Leider hatten nicht nur wir das Kind bemerkt, das Kind oder vielleicht auch der Dämon war sich unser ebenso bewusst und ergriff die Flucht. In einer kurzen Verfolgungsjagd siegt anschließend die Ortskenntnis des Straßenkinds über unsere Fähigkeiten, wobei wir das verfluchtet Wesen jederzeit mit Hilfe Ni´irus Karte wieder finden hätten können.
Ich kam ziemlich schnell mit meinen Gefährten überein, dass anscheinend ein Dämon, während der langen Zeit der Plage, die äußeren Siegel überwunden haben musste und nun in einem der versiegelten Abzugsschächte gefangen war. Von dort aus muss es ihm gelungen sein das Kind unter seine Kontrolle zu bekommen, um mit dessen Hilfe dafür zu sorgen, dass die Siegel der Schornsteine endlich geöffnet und die Entität so aus ihrem Gefängnis entlassen werden würde.
Soweit so gut, uns war alles klar, nur was sollten wir jetzt tun, das Kind angreifen und riskieren dem Dämon einen direkten Weg in die Stadt zu ebenen, das Kind der Brandstiftung beschuldigen und dabei öffentlich die Existenz eines Dämons in Throal anzusprechen. Beides erschien uns nicht sonderlich ratsam, besonders als wir an der großen Versammlungshalle ankamen und die Stimmung der wartenden Menge, größten Teils Orks, spürten war uns klar, dass man uns keinesfalls ein orkisches Kind als Täter abnehmen würde. Und in dieser Situation zu behaupten ein Dämon lebe schon seit Jahrzehnten nur wenige Meter über den Häusern der Stadt wäre mit Selbstmord gleichzusetzen, also beschlossen wir, die Geschichte der Stadtwache über die theranischen Agenten aufzugreifen und so zu versuchen etwas Zeit zu gewinnen. Damit scheiterten wir leider, da die Stadtwache scheinbar einen ähnlichen Plan hatte, kurz nachdem ich das Wort ergriffen hatte, öffneten sich die Türen der Halle und ein Truppe der Wache schleppte zwei Menschen in die Halle – angebliche theranische Agenten, welche für die Brände verantwortlich sein. Um peinlichen Fragen aus dem Weg zu gehen überließen die Wächter den Rest dem wütenden Mob, der die beiden direkt vor der Halle aufknüpfte, um anschließend diesen großen orkischen Sieg mit einem Becher Hulk zu feiern, wobei ich starke Zweifel an der Zahl eins habe.
Uns blieb nichts anders übrig als diese traurige Schauspiel zu verfolgen, wir konnten nichts für die beiden armen Teufel tun, im Gegenteil wir sahen uns selbst heftigen Anfeindungen ausgesetzt, obwohl wir das Geld zurückgaben und keinerlei Bezahlung für unsere Arbeit mehr forderten.
Nach einer kurzen Debatte einigten wir uns auf Schadensbegrenzung. Wir beschlossen, die beiden Bauernopfer nach Möglichkeit zu retten und die Stadt erstmal zu verlassen, um mehr Information über den Dämon und den Weg zu ihm zu suchen. Mit Phelonas Hilfe gelang es mir die beiden Leichen abzuholen und sie zurück ins Leben zu holen – sie waren danach etwas verwirrt aber im großen und ganzen in Ordnung. Zusammen mit den beiden und unserm neuen steinernen Begleiter verließen wir Oshane in Richtung großer Bibliothek und Hallen von Thar. Den beiden Menschen gaben wir ein bisschen Geld und den Rat sich möglichst weit weg ein neues Leben aufzubauen.
Wir werden morgen früh Thar Starkfausts Haus erreichen, wobei Ni´iru sich schon aufgemacht hat seinen Freund, den Windlingsschmied, mit den drei Wellen, zu besuchen.
122
Thar war ziemlich überrascht uns zu sehen und von unserer Geschichte war gar nicht begeistert, aber er erklärte sich bereit uns zu helfen und uns ein Karte der geheimen Wartungsschächte oberhalb von Oshane zu besorgen. In Sachen Zirkel und Reiter scheint allerdings nichts voranzugehen. Zwar fand gestern Abend wohl eine geheime Sitzung statt, aber uns wollte man wieder mal nichts verraten. Immerhin scheint Gabi immer mehr auf unserer Seite zustehen, sie hat dem Zirkel anscheinend in letzter Zeit immer weniger über unser Tun und Lassen berichtet – schön zu sehen.
Nachmittags begab ich mich, zusammen mit Phelona in die große Bibliothek, um Informationen, über unseren Gegner zu suchen. Wir hatten uns entschieden dem Dämon die Stirn zu bieten auch, wenn letztlich nur wir und wenige andere Auserwählte davon je erfahren werden, aber es geht schließlich darum das Richtige und nicht das Einfach zu tun.
In der verbotenen Abteilung fand ich tatsächlich einige Hinweise auf einen Dämon mit dem Namen Vishquagorch, allerdings nicht viel was uns im Kampf weiterhelfen wird. Zumindest kennen wir nun unseren Gegner und können uns auf den Kampf vorbereiten.
Etwas bleibt allerdings doch noch zu berichten, als ich die Bibliothek gerade verlassen wollte sprach mich ein Zwerg auf meine Nachforschungen an und erbot sich mir zu behilflich zu sein. Nach einem recht interessanten Gespräch lud mich der Zwerg ein am nächsten Morgen zu ihrem, wie er sich ausdrückte, „Stammtisch“ zu kommen, um dort ein paar Worte über meine Nachforschungen vorzutragen. Im Verlauf unserer Unterhaltung wurde deutlich, dass der Zwerg und seine Stammtischfreunde meiner Disziplin folgen und dass sie trotzdem weiterhin nur verbohrte, engstirnige Zwerge bleiben, ich werde Thar vor diesen Leuten warnen müssen.
Gabi hat Besuch aus Travar, mich würde wirklich mal interessieren, wie das geplant wurde, oder ob es Zufall ist, auf jeden Fall muss ich zugeben, dass es mich ein bisschen stört, dass dieser alte Mensch ihr nachstellt.
123
Sind seit heute Mittag auf dem Rückweg nach Oshane, um uns dem Dämon zu stellen. Mit Hilfe von Thars Karte sollte es uns eigentlich ohne weiter Schwierigkeiten gelingen den Weg zu ihm zu finden. Es tut gut mit einem klaren Ziel vor Augen zu reisen, außerdem lenkt es mich von vielen Dingen ab, über die ich nicht nachdenken will, nur eines davon ist Gabi.
Der Stammtisch heute morgen war ein recht unerfreuliches Erlebnis, zwar schienen alle Anwesenden der Magie mächtig zu sein, allerdings waren sie gelinde gesagt dumm und ignorant. Ich sah mich gezwungen ihnen, statt eines Vortrags über Dämonen, einen über Zusammenarbeit und Dummheit zu halten, kurzzeitig habe ich mir dabei schon Sorgen gemacht sie würden gewalttätig. Interessanterweise spürte ich bereits während ich mich mit diesen Hohlköpfen stritt schon, wie mich neue magische Energie durchströmte, meine Fähigkeiten sind eindeutig gewachsn, ich versteh zwar nicht wieso, aber der Zeitpunkt ist wirklich gut gwählt, in Oshane werde ich alle meine Kräfte brauchen. Zudem schenkte mir Thar, neben der gewünschten Karte, noch eine Schriftrolle, mit einer mächtigen Zauberformel – sollte der Zirkel doch noch etwa gutes für uns tun?